Cobots - Hand in Hand mit einem Roboter Schrauben

 

Spörk zeigt, wie eine kollaborierende Roboterlösung sicher und wirtschaftlich realisiert werden kann: Ein Praxisbeispiel bei ZKW illustriert, was bei der Automatisierung mit Cobots alles bedacht werden muss.

Für Christian Blamauer war es nur eine Frage der Zeit, bis eine kollaborative Roboteranwendung bei ZKW in einer passenden Applikation realisiert werden würde. Schon mit Beginn des Cobots-Hypes vor rund drei Jahren hat sich der Leiter der Abteilung Process Engineering mit seinem Team Gedanken darüber gemacht, welcher Use Case denn dafür in Frage kommen könnte. Letztlich war es die Fertigung eines neu entwickelten Produktes, bei dem ergänzend zu den bisher vorhandenen Roboterfertigungslinien eine kollaborierende Lösung erstmalig zum Einsatz kommen sollte. Dabei stand die Automatisierung einer kollaborierenden Schraubanwendung für ein Leuchtenband im Vordergrund.

 

Zuerst der Use-Case, dann der Cobot

Wir haben schon bei der Planung aus meiner Sicht vieles richtig gemacht“, sagt Blamauer. Denn zuerst wurde der Use-Case definiert, dann ein Sicherheitskonzept dafür erstellt und auf diesen Vorarbeiten aufbauend eine Bewertungsmatrix erstellt, um den passenden Roboter für diese Applikation zu finden. In dieser Bewertungsmatrix, mit der letztlich fünf in Frage kommende Cobots analysiert wurden, ging Yaskawas Modell HC10 als Sieger hervor. Blamauer: „Wir wollten sicherheitstechnisch auf Nummer sicher gehen und dabei sowohl den normativen Ansprüchen als auch unseren eigenen, was die Sicherheit unserer MitarbeiterInnen anbelangt.“ Dazu wurden die Spezialisten von Spörk und Yaskawa ins Boot geholt. Diese wurden mit der Auslegung, Berechnung sowie Ausführung und Beratung beauftragt. Dies beinhaltete die Mitgestaltung bei der Planung, der Programmierung und Installation vor Ort beim Kunden, umfangreiche praktische Tests sowie die fachliche Einschulung der Anwender und Inbetriebnahme. Die Gespräche bewegten sich rasch auf eine inhaltliche Detailebene, so Blamauer: „Für so ein Projekt brauchten wir fachkundige Antworten, hier war die Zusammenarbeit absolut positiv!“

 

Menschen dürfen nie auf den Roboter warten

Die besondere Herausforderung bei diesem Projekt lag in der Prüfung der Machbarkeit und Umsetzung der notwendigen Anforderungen an den Roboter. Die automatisierte Schraubanwendung musste ohne jegliche Schutzumhausung, Sicherheitszaun oder Lichtgitter einsetzbar sein. Die Vorgabe war eine Verschraubung von mindestens 9 Schrauben in einem Leuchtenband innerhalb einer Taktzeit von maximal 70 Sekunden unter Beachtung der Richtlinien für Mensch-Roboter Interaktionen. Das Leuchtenband wird händisch von der Bedienerin in die dafür vorgesehene Aufnahme eingelegt. Nach Fixierung des Bauteiles wird durch Betätigung eines Freigabetasters die Arbeitsfreigabe für den Roboter erteilt. Während die Bedienerin manuell zusätzliche Bauteile positioniert, beginnt der Roboter die verschiedenen Positionen der Schraublöcher anzufahren. Die Schrauben werden vereinzelt und pneumatisch der Schraubspindel zugeschossen. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist, so Christian Blamauer, dass „die Menschen nie auf den Roboter warten dürfen, der Roboter hingegen auf den Menschen schon.“ Denn wenn die Werkerin darauf warten muss, bis der Cobot ihr etwas in die Hand gibt, ist es effizienter das Teil selbst zu holen. Daher musste der Prozess exakt am menschlichen Arbeitsanteil getaktet werden. Aufgrund der konzeptionellen Umsetzung ergab sich für ZKW eine Erhöhung der Produktivität durch den kollaborierenden Betrieb.

 

Patentierter Schraubkopf für sichere Kollaboration

Das gesamte Robotersystem wurde auf einem Universalschraubtisch aufgebaut. Das bringt erhebliche Platzersparnis aufgrund der nicht benötigten Einhausung, und aufgrund der integrierten Kraft- & Momenteüberwachung des HC10 in jeder Achse konnte auf weitere Sicherheitstechnik verzichtet werden. Diese Sicherheitsfeatures sind beim HC10 bereits Standard. Entscheidend für den Erfolg des Projekts erwies sich jedoch die Lösung, die für den Schraubkopf gefunden wurde. „Wir haben das am Markt vorfügbare Schraubequipment geprüft, doch keines hat unserer Anforderung entsprochen“, erzählt Blamauer. Also ging seine Abteilung, die mit 80 Mitarbeitern für Industrialisierung der Montageanlagen verantwortlich ist, daran, ein eigenes passendes Teil zu engineeren. Das Ergebnis ist ein mittlerweile patentierter Schraubkopf, der kollaboratives Schrauben unter Einhaltung höchster Sicherheitslevels erlaubt und so einen echten Wettbewerbsvorteil bietet. Der Universalschraubtisch konnte zudem auch so flexibel konstruiert werden, dass eine Umrüstung der Produktaufnahme ohne große Umbauten jeder Zeit möglich ist. Die Lehre daraus, so Blamauer: „Zuerst an die Sicherheit Denken, nicht zuerst an die Einsparung!“

 

Mit Spörk zur Lösung nach Maß

Alle an diesem Projekt beteiligten, das sowohl für ZKW wie auch für Spörk eine Premiere bei der Realisierung einer Cobot-Applikation war, haben enorm viel Know-how dazugewonnen. Andreas Pflügl, bei Spörk als Produktmanager Yaskawa und für den Vertrieb in der Ostregion erster Ansprechpartner von ZKW für das Projekt, ist der zentrale Lerneffekt klar: „Zuallererst muss geprüft werden, ob der Anwendungsfall für einen Cobot passend ist, oder ob nicht ein Industrieroboter die bessere Lösung ist.“ Hier kommt auch die Stärke von Spörk bei der Beratung zum Tragen: „Wir müssen keinen Cobot verkaufen, bei uns steht die Beratung an erster Stelle – wir entwickeln mit dem Kunden die Lösung, die für seinen Anwendungsfall am besten passt.“ Das Vertrauen von ZKW in die Kompetenz von Spörk und Yaskawa, der reibungslose Kommunikationsfluss, das Engagement für individuelle Lösungsfindungen sowie die kundenorientierten Optimierungsvorschläge machten die technische Aufgabenstellung zu einem gelungenen Cobot-Projekt.

Lösungskonzept auf Augenhöhe

Für uns bedeutet „Lösungskompetenz auf Augenhöhe“, dass wir uns in erster Linie als Partner der Klein- und Mittelbetriebe in Österreich verstehen. Auf diese Unternehmen kommen Automatisierung und Robotik immer stärker zu. Wir als Spörk sind ja auch ein KMU, verstehen diese Kunden daher gut und können passende Automatisierungslösungen für diese gestalten. Kommunikation auf Augenhöhe hat sich aber auch bei ZKW ergeben, denn unser Ansprechpartner dort war die Abteilung für den internen Anlagenbau, die etwa 80 Mitarbeiter umfasst. Da arbeiten junge Techniker, die mit uns auf Augenhöhe an den Lösungen gearbeitet haben.

Das Cobot-Projekt war sowohl für ZKW als auch für uns eine Innovation. Beide haben an dem Projekt gelernt. Wir als Spörk transferieren diese Erfahrungen nun in andere Branchen. Bei Cobots geht es darum, den Prozess genau zu definieren und sukzessive eine Integrationslösung zu finden. Dabei geht es einerseits um Sicherheit am Arbeitsplatz bei der Mensch-Roboter-Kollaboration, andererseits um die Geschwindigkeit: MRK-Prozesse laufen im Vergleich zu Industrierobotik eher langsam ab. Das wird sich in den kommenden Jahren mit Sicherheit erhöhen, aber maximal bis zu einem Punkt bei dem der Mensch vom Arbeitstempo her noch mitkann.

Wir haben einige Anfragen zum Cobot-Einsatz, die wir mit den Kunden prüfen. Doch wir haben keinen Druck, unbedingt einen Cobot verkaufen zu müssen: Nur wenn es sich in der individuellen Analyse als beste Lösung herausstellt, empfehlen wir es und bieten einen Cobot an. Wir sehen bei KMUs, dass die Bereitschaft sich mit Automatisierung und Robotik zu beschäftigen, immer größer wird. Oft besteht aber noch zu wenig Klarheit darüber, was das konkret für den Betrieb heißt. Meist gehen wir zu Beginn einfach mit dem Inhaber durch seine Firma und können ihm schon aufgrund unserer Erfahrung sagen, wo Automatisierung Sinn machen könnte und wo nicht, weil die Kosten-Nutzen-Relation nicht gegeben sein wird. Das ist unsere primäre Beratungsleistung: Was heißt Automatisierung konkret für mich? Dazu bieten wir Lösungskompetenz auf Augenhöhe.

Wir sind mit den Cobots erst am Start!

Wie lange haben die Vorarbeiten für das Cobot-Projekt gedauert?

Christian Blaumauer: Wir haben ein dreiviertel Jahr mit dem Vorprojekt verbracht, noch einmal so lange mit der Umsetzung, dann folgte die Inbetriebnahme – insgesamt vergingen also von den ersten Grundsatzüberlegungen bis zur Inbetriebnahme fast zwei Jahre. Die Vorstellung, dass ein Cobot nicht viel kostet und rasch einsetzbar ist … wir sind rasch auf dem Boden der Realität gelandet.

Gab es Widerstand aus der Belegschaft gegen den Cobot?

Blamauer: Das war überhaupt kein Thema, im positiven Sinn. Im Nachhinein betrachtet haben wir auch hier alles richtig gemacht, indem wir schon mit dem Start der Diskussion alle Beteiligten von der Bedienerin über den Betriebsrat bis zur Arbeitssicherheit dazu geholt haben. Speziell aus der Belegschaft gab es nie kritische Stimmen, das Projekt wurde positiv angenommen. Wir haben von Anfang an kommuniziert, dass ein richtig eingesetzter Roboter vielleicht die eine oder andere menschliche Arbeitskraft ersetzt, aber dass wir das tun um alle bestehenden Arbeitsplätze abzusichern.

Was war letztlich entscheidend für den Erfolg des Projekts?

Blamauer: Es geht nicht um den Cobot an sich, sondern um die gesamte Applikation inklusive Werkzeug, Werkstück und Peripherie. Man muss immer das Gesamtpaket mitdenken. Aus meiner Erfahrung heraus ist es mir ein Anliegen, mit dem Mythos aufzuräumen dass ein Cobot stets einfach und sicher einzusetzen ist.

Wo sind die Grenzen für Cobots?

Blamauer: Vereinfacht gesagt, kann ein Cobot mit einem Vakuumsauger einen Luftballon großartig und sicher handhaben – nur wie oft hat man schon so eine Applikation? Gibt es hingegen Ecken und Kanten wie bei Scheinwerfern, braucht man exakte Feinabstimmung, um eine Mensch-Roboter-Kollaboration sicherheitstechnisch und wirtschaftlich hinzukriegen. Für viele Anwendungen, für die Cobots beworben werden, sind sie meiner Meinung nach ohnehin nicht geeignet.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Blamauer: Wie soll ein Cobot denn zum Beispiel sicher schweißen können? Wir haben Lichtbögen, Schweißspritzer … ohne Trennwände kann der Mitarbeiter nur aus dem Weg gehen und warten bis der Cobot fertig ist, was keinen Sinn macht. Mit Trennwänden hingegen braucht es keinen Cobot, da tut es auch ein Industrieroboter.

Werden Sie Cobots in weiteren Bereichen einsetzen?

Blamauer: Ja, wir arbeiten an drei weiteren Projekten. Bei zweien davon geht es um weitere Schraubanwendungen, beim dritten um Bauteilehandling. Jetzt, wo wir dank des ersten Projekts viel Know-how im Haus haben, tun wir uns leichter den Use-Case zu beurteilen. Wir sind erst am Start und noch lange nicht am Ende mit dem Einsatz von Cobots!

SPÖRK ANTRIEBSTECHNIK

Das Unternehmen wurde 1986 gegründet und versteht sich als Komplettanbieter für Antriebs-, Steuerungs- und Automatisierungstechnik sowie Robotik. Der Fokus liegt auf Beratung, Projektierung und Engineering. Auch Komponentenhandel, Schaltschrankbau, Service & Wartung sowie Personalbereitstellung für Revisionen, Umbauarbeiten oder Reparaturen an Anlagen gehören zum Leistungsportfolio von Spörk. Das Unternehmen mit Sitz in Kottingbrunn ist mit knapp 60 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 9 Mio. Euro selbst ein klassisches KMU und positioniert sich als Ansprechpartner für produzierende Klein- und Mittelbetriebe im Bereich Automatisierung, Robotik, Steuer- und Antriebstechnik sowie Schaltschrankbau.

 

ZKW GROUP

Die ZKW Group ist der Spezialist für innovative Premium-Lichtsysteme und Elektronik. Als Systemlieferant ist ZKW mit dem Headquarter in Österreich ein weltweit präsenter Partner der Automobilindustrie. Das Leistungsspektrum des Unternehmens umfasst die Entwicklung und Produktion von komplexen Premium-Beleuchtungen und Elektronikmodule für internationale Automobilhersteller. Zu den Top-Produkten zählen leistungsfähige und kosteneffiziente Komplett-LED-Systeme. Zum 360-Grad-Angebot des Unternehmens zählen Haupt- und Nebelscheinwerfer, Rückleuchten, Blinkleuchten, Innen- und Kennzeichenleuchten sowie Elektronikmodule. ZKW zählt mit seinen weltweit knapp 10.000 Mitarbeitern und insgesamt 12 Unternehmensstandorten zum Systemlieferant für namhafte Automarken wie Volkswagen, Daimler, BMW, MAN, Ford, General Motors u.v.m.

 

Quelle:

Coverstory in Kooperation mit Spörk .

Erschienen in: „AUTlook“, No. 4/2021

WEKA Industrie Medien GmbH, A-1200 Wien

www.industriemedien.at ; AUTlook - WEKA Industrie Medien

 

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Weitere Informationen Mechanisches Fügen mit MOTOMAN Robotern von Yaskawa: Mechanisches Fügen (yaskawa.de)